Warum Lebensmittellisten kaum Verbesserungen bei Intoleranzen bringen!

Warum Lebensmittellisten kaum Verbesserungen bei Intoleranzen bringen!

„Das darf ich nicht mehr essen und das nicht…“ – nach der Diagnose Lebensmittelintoleranz v.a. bei Histamin ist man oft mit einer langen Liste an zu meidenden Lebensmitteln konfrontiert. Und dazu kursieren im Internet verschiedene „Histamin-Listen“, die teilweise sogar widersprüchlich sind. Daher möchte ich hier anfangs den Ernährungsmediziner Dr. med. Maximilian Ledochowski zitieren:

Im Internet werden Hunderte „verbotener“ Lebensmittel aufgelistet, die aber bei Histaminintoleranz ohne Weiteres gegessen werden können. Im Prinzip kommt Histamin in jedem eiweißhaltigen Lebensmittel in unterschiedlicher Menge vor. Das Lebensmittel muss aber deshalb noch lange nicht gemieden werden. Dazu kommt, dass die meisten Urheber solcher Tabellen nicht einmal wissen, wer den Histamingehalt bestimmt hat und wie die Bestimmung erfolgte.“ (Ledochowski, 2014, S. 102)

 

Nur wenige Lebensmittel haben einen hohen Histamingehalt

Auch bei mir war das so und man hat mir nach meiner Diagnose gesagt, ich solle 4-6 Wochen histaminarm essen und dann sollte sich eine Besserung einstellen. In dem Schreiben von der Diagnose waren einige Lebensmittel wie Salami, Parmesan, Meeresfrüchte, Tomaten, Sekt oder Schokolade aufgelistet. Ich persönlich habe mich dann an der Liste der SIGI (Schweizer Interessensgesellschaft für Histaminintoleranz) orientiert und die ist bekanntlich sehr lang. Dr. Ledochowski warnt davor, alle in diesen Listen angeführten Lebensmittel wegzulassen, denn der Histamingehalt könne sich stündlich ändern. Der Arzt spricht außerdem von nur wenigen Lebensmitteln, die wirklich einen hohen Gehalt an Histamin aufweisen würden und das seien vor allem eiweißreiche tierische Produkte wie zB Salami, Prosciutto, Parmesan sowie Alkohol (Sekt/Prossecco) oder Fermentiertes wie Sauerkraut.

 

Karenzphase sollte nicht zu lange durchgeführt werden

Nachdem ich dann mehrere Wochen (es waren schlussendlich dann Monate) histaminarm gegessen hatte, stellte sich aber leider keine  Besserung ein. Denn v.a. bei Histamin-Abbaustörung bringt nur das alleinige Weglassen von Lebensmitteln meist kaum eine Verbesserung. Dabei spielen so viele Faktoren wie Stress-Niveau, Psyche, Darmflora-Status, Darmerkrankungen, hormonelle Schwankungen (PMS, Wechseljahre), Wetter (extreme Hitze/Kälte), Kreuzallergien etc. eine Rolle.

Auch bei anderen Intoleranzen (Fructose, Laktose, Gluten/Weizen) sollte die strenge Karenzphase ja nicht für mehrere Jahre durchgeführt werden, sondern für rund 4-6 Wochen und dann in kleinen Mengen wieder integriert werden, um die individuelle Toleranzgrenze festzustellen. Vorausgesetzt man möchte die Lebensmittel wieder integrieren (zB Weizen, Milch).

Bei Histaminproblemen ist das sehr wichtig, denn wenn man alles weglässt, was in diversen Listen steht, dann handelt es sich um eine große Lebensmittelgruppe (histaminhaltige Produkte, Histamin-Liberatoren, DAO-Abbau-Hemmer), die bei langfristigem Weglassen zu Nährstoffmängeln und einer geschwächten Darmflora führen können, was wiederum das Problem verschärft.

 

Vielfältig essen, Darmflora aufbauen & Stress reduzieren

So war das auch bei mir: ich habe rund 5 Jahr großteils histaminarm gegessen & meine ohnehin schon geschwächte Darmflora kam noch weiter in Dysbalance, weil ich viele pflanzliche Lebensmittel nicht gegessen habe. Immer wieder habe ich dabei 1-3 Monate ganz strikt histaminarm (laut SIGHI) gegessen und dann wieder histaminhaltiges ausprobiert. Natürlich hat sich dann beim Wiederessen (in normalen Mengen) meine Verdauung mit Blähungen oder allgemeinem Unwohlsein gemeldet, weil die Darmflora nicht gewohnt war, diese zu verdauen. Das passiert aber auch mit “histaminarmen” Lebensmitteln wie Kohl oder Topinambur, die viel Inulin bzw. Raffinose enthalten und bei nicht regelmäßigem Konsum führt das eben zu den besagten Blähungen oder anderen körperlichen Reaktionen.

Erst als ich begonnen habe, diese (v.a. Hülsenfrüchte) täglich in kleinen Mengen (zB 1/2-1 EL) wieder zu integrieren und zusätzlich Probiotika in Form von Darmbakterien eingenommen habe, hat sich mein Status erheblich verbessert. Dazu kommt, dass ich mich fast ausschließlich pflanzlich ernährt habe, was wiederum einen positiven Einfluss auf meine Darmflora hatte. (ein eigener Beitrag dazu folgt in Kürze!)

Schon bald konnte ich wieder alles essen (innerhalb nur weniger Wochen) und habe vieles wieder integriert (was ich vielleicht ohnehin vertragen hätte?): Hülsenfrüchte, Tomaten, Melanzani, Spinat, Pilze, Tofu/Tempeh, Avocado, Schokolade, Walnüsse, Zitrusfrüchte etc.

Zusätzlich habe ich auch an anderen Faktoren gearbeitet (siehe auch: Mein Weg aus der Intoleranz): an der Psyche („Ich kann das wieder essen“, „Meine Intoleranzen dominieren nicht mehr mein Leben“), Stress-Reduktion durch „Nein-Sagen“ lernen/Abgrenzung oder tägliche Meditation/Yoga oder Me-Momente und einige Ernährungs-/Lifestyle-Empfehlungen aus dem Ayurveda. Ich glaube, die Kombination aus diesen Schritten hat schließlich zu meiner “Heilung” geführt. Denn bis heute (nach 8 Monaten) habe ich keine durch “histaminhaltige” Lebensmittel ausgelösten Beschwerden  mehr feststellen können.

Näheres zu den anderen Faktoren gibt‘s in den folgenden Beiträgen.

 

Quellen:
– Enders, Giulia (2017): „Darm mit Charme. Alles über ein unterschätztes Organ“. Ullstein.

– Ledochowski, Maximilian (2014): „Nahrungsmittel-Intoleranzen. Unverträglichkeiten erkennen und gut damit leben“. Trias.

– Gespräche mit verschiedenen Ernährungswissenschaftlern/-Therapeuten

– Wissen aus meiner eigenen Ernährungsausbildung